Til Schweiger werden derzeit schwere Vergehen angelastet. Doch jahrelang verdiente die Branche gut mit dem Filmstar. Auch dank Millionen an Steuergeldern.Kritik ist er gewohnt. So sehr, dass er angesichts des Gegenwinds eine eigene Strategie entwickelte. Til Schweiger ist in der Branche seit Jahren dafür bekannt, seine Filme vorab nur einem ausgewählten Kreis vorzuführen – und nicht wie üblich bei einer Pressevorführung zu präsentieren. Auch bei Interviews wählte er eine strikte Linie, wollte über die finale Fassung des Gesprächs bestimmen dürfen.Doch diesmal ist etwas anders. Es ist kein Schweiger-typischer Wirbel wie bei seinem Foto mit „Querdenker“-Autor Boris Reitschuster oder einer seiner umstrittenen Äußerungen. „Der Spiegel“ hat mit einer Recherche über Schweigers angebliches Fehlverhalten, über Gewaltvorfälle, Alkoholkonsum und Schikanen eine Welle losgetreten. Kolleginnen wie Nora Tschirner meldeten sich zu Wort, stützten die Berichterstattung, sprachen von einem „offenen Geheimnis“, dass solche „Zustände herrschen“.Schweiger und die schweren Vorwürfe: Es geht um Gewalt und AlkoholWie lange diese in den Berichten als „Klima der Angst“ beschriebenen Zustände bei Filmen von Til Schweiger schon herrschen, ist indes unklar. Schließlich ist der Filmemacher spätestens seit „Manta, Manta“ im Jahr 1991 ein Star in Deutschland, gründete 1996 seine erste eigene Produktionsfirma, sein erster Film „Knockin‘ on Heaven’s Door“ erschien ein Jahr später. Mehr als 25 Jahre und die Frage: Verschwieg die Branche so lange Missstände an den Sets des Schauspielers, Regisseurs, Produzenten und Autors?Til Schweiger gilt als „Cashcow“ der FilmbrancheIm Jahr 2004 gründete er seine Produktionsfirma Barefoot Films, arbeitete jahrelang mit Warner Bros. zusammen und brachte Hits wie „Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“, „Kokowääh“ und „Honig im Kopf“ in die Kinos. Eine fruchtbare Zusammenarbeit, die Millionen einbrachte. Von Til Schweiger als „Cashcow“ ist die Rede, seine Produktionen gelten als erfolgreichste Filme des Landes.Doch im Januar 2022 wird bekannt, dass Schweiger und Warner Bros. ihre Zusammenarbeit nicht fortsetzen. Fortan dreht der Filmemacher mit der Münchner Firma Constantin Film, zwei Produktionen sind daraus bereits entstanden: „Manta, Manta – Zwoter Teil“ und „Das Beste kommt noch“. Letzterer soll erst Ende des Jahres ins Kino kommen. Weitere Produktionen sind bisher nicht angekündigt.Die Vorwürfe gegen Til Schweiger betreffen vor allem die Fortsetzung von „Manta, Manta“. Dort soll es zu einem Vorfall gekommen sein, bei dem der 59-Jährige laut mehreren Zeugen alkoholisiert auftrat und einem Mitarbeiter ins Gesicht schlug. Schweigers Anwältin dementiert die Berichte, auch die Filmfirma Constantin nimmt ihren Star in Schutz. Eine Anfrage von t-online lässt Til Schweiger unbeantwortet, persönlich hat er sich zu den Anschuldigungen bisher nicht geäußert. Mehr als zwei Millionen Euro für den neuesten Schweiger-FilmWas wirklich vorgefallen ist, bleibt also unklar. Was hingegen schwarz auf weiß einsehbar ist, betrifft das Millionengeschäft hinter dem Film. Wieder einmal verdienen alle Beteiligten gut mit der Schweiger-Produktion. Allein am ersten Wochenende strömen 370.000 Besucher ins Kino, der bisher beste Start eines deutschen Films im Jahr 2023. In seiner dritten Woche in den Kinos knackt „Manta, Manta 2“ die Million-Marke beim Publikum – schon jetzt ist er damit erfolgreicher als sein Vorgänger.Damit das möglich wurde, kassieren Schweiger und Constantin auch Geld vom Staat. Filmförderung nennt sich das hierzulande, ein üblicher Vorgang. Produzenten, Drehbuchautoren und Verleiher haben drei bundesweite und mehr als 20 regionale Anlaufstellen, wenn sie um Zuschüsse für ihre Filmprojekte bitten. In der Regel werden 15 bis 20 Prozent der Gesamtkosten übernommen. Für „Manta, Manta – Zwoter Teil“ fließen so am Ende mehr als zwei Millionen Euro: 2.102.272,00 Euro, um genau zu sein.Nur eine andere Produktion wird 2022 vom Deutschen Filmförderfonds höher bezuschusst – ein internationales Kinoprojekt von Wiedemann & Berg mit dem Titel „Girl you know it’s true“. Die Institution ist der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) unterstellt, Claudia Roth. Es sind Steuergelder, mit denen der Filmstandort Deutschland attraktiv gemacht werden soll.Doch was passiert, wenn schwere Vorwürfe wie nun gegen Til Schweiger öffentlich werden – und sich die Frage stellt, ob Millionen an Steuergeldern in eine Produktion gesteckt werden sollten, die möglicherweise schlecht mit ihren Mitarbeitern umgeht? Eine Anfrage von t-online an den Filmförderfonds bleibt dazu unbeantwortet. Umstrittene Filmförderung? Für Schweiger nichts NeuesDass über Geld gestritten wird, das kennt Til Schweiger allerdings so gut wie die immerwährende Kritik an ihm. Mit der Drehbuchautorin Anika Decker zum Beispiel streitet er seit Jahren um Anteile aus den Einnahmen durch die Filme „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“. 50.000 Euro für „Keinohrhasen“ und 157.000 Euro für „Zweiohrküken“ erhielt Decker als Gage. Der eine Film spielte an den Kinokassen 70 Millionen Euro ein, der andere 43 Millionen Euro. Daher will die Autorin mehr Geld, ein Urteil steht aus.Aber auch in Sachen Filmförderung ist Schweiger Kummer gewohnt. Als er seinen Kinoerfolg „Honig im Kopf“ für den US-Markt auf Englisch neu verfilmt, bekommt er 4,6 Millionen Euro an Fördergeldern aus Deutschland – und es entbrennt eine Debatte darum, wie das sein kann. Denn es spielen US-Stars in den Hauptrollen, nur wenige Szenen werden in Deutschland gedreht, das Remake ist für den amerikanischen Markt und nimmt dort am Ende lediglich katastrophale 12.350 Dollar an den Kassen ein. In deutschen Kinos läuft der „Head Full of Honey“-Streifen trotzdem – obwohl sein Original ja längst auf allen großen Leinwänden des Landes zu sehen war. Aber so verlangen es die Förderbedingungen, gefördert wird nur bei einem Kinostart. Medien wie die „Welt“ konstatieren ob dieser Kuriosität: „Nun läuft der unnötigste Film, der seit Langem in deutsche Kinos fand, in deutschen Kinos.“ Ob dieses Urteil irgendwann auch über den nun im Fokus der Berichterstattung stehenden „Manta, Manta 2“ gefällt wird, muss sich zeigen.