Das Berliner Unternehmen bettermarks, das 2008 von Arndt Kwiatkowski, Christophe Spéroni und Marianne Voigt gegründet wurde, positioniert sich als Online-Lernsystem für Mathematik. Der Start war schwer und bisher sehr verlustreich (27,5 Millionen Verlust seit der Gründung). “Als wir bettermarks gründeten, haben wir viele Punkte unterschätzt. Zuerst die technische Komplexität der Plattform selbst. Und dann der Vertrieb: Es ist unglaublich, welche Hürden eine Lehrerin bzw. ein Lehrer in der Vergangenheit nehmen musste, um mit bettermarks starten zu können”, sagt Mitgründer Speroni.

In der Corona-Krise bekommt das E-Learning-Unternehmen nun viel Zuspruch. “Wir haben uns dazu entschlossen, allen geschlossenen Schulen zu helfen und bettermarks bis zum Ende des Schuljahres kostenlos anzubieten. Von der positiven Resonanz wurden wir überwältigt! Genauso wie unsere Server – denn unsere Bestandsnutzer arbeiten in diesen Wochen natürlich auch viel intensiver als gewöhnlich. Wir mussten sogar die Anmeldung kurzfristig schließen und haben eine Warteliste eingeführt, um das System stabil zu halten”, erzählt der Hauptstädter.

Auch finanziell soll bettermarks bald endlich gute Nachrichten liefern: “Wir erwarten für das kommende Schuljahr zwei Millionen Jahresumsatz und unser Team umfasst gut 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter”. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht bettermarks-Macher Spéroni außerdem über Aha-Effekte, Homeschooling und Generallizenzverträge.

Wie würdest Du Deiner Großmutter bettermarks erklären?
bettermarks ist wie ein Mathebuch mit integriertem Tutor. Das heißt, dass Schülerinnen und Schüler nicht nur sofort sehen, ob sie eine Aufgabe richtig oder falsch gelöst haben, sondern sie bekommen auch Tipps, Hilfestellungen, Erklärungen und zur Not den Lösungsweg mit den Werten der Aufgabe. Das hat den Vorteil, dass direkt beim Üben Aha-Effekte entstehen. Lehrerinnen und Lehrer haben außerdem den Vorteil, dass Sie mit bettermarks einen virtuellen Assistenten bekommen: Alle Aufgaben werden automatisch korrigiert und der Lernstand der Klasse wird transparent. Somit bleibt mehr Zeit für die wirklich wesentlichen Aufgaben, wie das inhaltliche Unterstützen der Schülerinnen und Schüler im Lernprozess.

Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Es war von Tag eins an unser Ziel, das Mathelernen leichter zu machen. Dabei haben wir natürlich viele unterschiedliche Ansätze ausprobiert und eine Menge über das Lernen selbst, aber auch über die Herausforderungen der Lehrkräfte gelernt.

Die Corona-Krise trifft die Startup-Szene derzeit hart. Wie und in welcher Form spürt ihr die Auswirkungen?
Wir haben uns dazu entschlossen, allen geschlossenen Schulen zu helfen und bettermarks bis zum Ende des Schuljahres kostenlos anzubieten. Von der positiven Resonanz wurden wir überwältigt! Genauso wie unsere Server – denn unsere Bestandsnutzer arbeiten in diesen Wochen natürlich auch viel intensiver als gewöhnlich. Wir mussten sogar die Anmeldung kurzfristig schließen und haben eine Warteliste eingeführt, um das System stabil zu halten. Eine hochkomplexe Anwendung wie bettermarks in so kurzer Zeit zu skalieren und gleichzeitig die vielen Anfragen zu bedienen, war eine riesige Herausforderung für unser Team. Es macht mich sehr stolz, dass wir die Warteliste nun vollständig abgearbeitet haben und so vielen Klassen helfen können, in Mathe am Ball zu bleiben.

Welche langfristigen Auswirkungen erwartest du für bettermarks?
Zum einen sehe ich, dass das Thema »online lernen« nun auch in Schulen viel stärker ins Bewusstsein rückt. Zum anderen sehe ich, dass nun auch auf politischer Ebene eine Menge passiert. So hat zum Beispiel die Bundesregierung 100 Millionen aus dem Digitalpakt für die Lizenzierung von Lernplattformen wie bettermarks bereit gestellt. Aus meiner Sicht waren das bisher die beiden größten Hürden für den Einsatz von bettermarks im Mathematikunterricht. Unser größter Konkurrent sind nämlich die über die Jahre zusammengestellten Kopiervorlagen und Arbeitsblätter. Dass diese nicht mehr zeitgemäß sind und eben das Mathelernen nicht einfacher machen, wird beim Homeschooling offensichtlich. Das andere Thema ist natürlich das Budget für digitale Lernmedien. Mir hatte eine Lehrerin berichtet, dass sie Geld von den Eltern einsammeln musste, um bettermarks einsetzen zu können. Dies kann die Politik nun mit einer Modernisierung von Zulassungsprozessen bzw. mit Budgetierungsmöglichkeiten für wirksame digitale Lernmittel verändern.

Wie genau bereitet ihr euch auf die Zeit nach der Corona-Pandemie vor?
Für uns ist immer der Start des neuen Schuljahres weichenstellend für die kommenden zwölf Monate. Dementsprechend beschäftigen wir uns momentan sehr intensiv damit, wie wir unseren Kundenservice ausbauen können und natürlich auch mit den technischen Skalierungsmöglichkeiten unser Plattform. Die Inhalte für die Fertigstellung der Oberstufe sind auch noch geplant. Und wenn die Zeiten des Mindestabstandes vorbei sind, machen wir bestimmt ein Grillfest im Hof.

Ganz anderes Thema: Wie ist überhaupt die Idee zu bettermarks entstanden?
Nachdem die Telekom ImmobilienScout24 gekauft hatte, hat mich mein Mitgründer Arndt Kwiatkowski, Gründer und damaliger CEO von ImmobilienScout24, gefragt, ob ich mit ihm und Marianne Voigt, damaliger CFO, etwas Neues aufbauen möchte. Uns war relativ schnell klar, dass wir etwas im Bereich E-Learning machen wollten. Da Arndt beim Erklären der Mathe-Hausaufgaben seines Sohnes merkte, an seine (mathemathikdidaktischen) Grenzen zu stoßen, kam die Idee für bettermarks.

Wie genau funktioniert eigentlich euer Geschäftsmodell?
Im deutschsprachigen Raum verkaufen wir Jahreslizenzen an Schulen. Für private Haushalte gibt es ebenfalls ein Angebot. Im Ausland arbeiten wir mit Partnern wie Verlagen oder Regierungen. So gehört beispielsweise das Land Uruguay zu unseren Kunden.

Wie hat sich bettermarks seit der Gründung entwickelt?
Viel zu langsam! Als wir bettermarks gründeten, haben wir viele Punkte unterschätzt. Zuerst die technische Komplexität der Plattform selbst. Wir haben im Grunde ein Betriebssystem für Mathematik entwickelt und jede der 100.000 Aufgaben kann man sich wie eine kleine App vorstellen. Die Entwicklung des Systems und der Inhalte war um ein Vielfaches aufwändiger als ursprünglich angenommen. Und dann der Vertrieb: Es ist unglaublich, welche Hürden eine Lehrerin bzw. ein Lehrer in der Vergangenheit nehmen musste, um mit bettermarks starten zu können. Das Thema »Finanzierung und Budget« hatte ich ja bereits angesprochen. Auch die technische Ausstattung, der Datenschutz, Vorbehalte im Kollegium oder einiger Eltern sind Themen, mit denen sich Lehrkräfte zumindest auseinander setzen müssen. Hier haben wir es als unsere Aufgabe erkannt, innovative Lehrerinnen und Lehrer bei der Digitalisierung zu unterstützen. Ich bin froh, dass wir all diese Herausforderungen gemeistert haben und das Vertrauen so vieler Lehrerinnen und Lehrer gewinnen konnten. Auch die Steigerung des Lernerfolges durch bettermarks wurde inzwischen in Studien bewiesen.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist dein Startup inzwischen?
Wir erwarten für das kommende Schuljahr zwei Millionen Jahresumsatz und unser Team umfasst gut 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wenn ich alles aufzählen würde, sprenge ich den Rahmen dieses Interviews! Spaß beiseite. Wichtig ist nur, dass wir aus unseren Fehlern lernen – so wie wir es beim Mathelernen ermöglichen wollen.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Nie das Ziel aus den Augen und nicht die Geduld zu verlieren! Wir arbeiten seit fast zwölf Jahren mit großer Überzeugung an bettermarks – und haben dennoch den Break-Even noch nicht erreicht. Der positive Zuspruch, den wir bekommen, zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Auch, wenn der wirtschaftliche Erfolg seine Zeit braucht. In dem Sinne kann ich mich nur bei unseren Geldgbern bedanken, dass es uns immer noch gibt. Zum anderen freue ich mich, dass wir es als Team geschafft haben, die ganze Zeit an unserem gemeinsamen Ziel festzuhalten und immer noch mit Freude unsere Mission verfolgen.

Wo steht bettermarks in einem Jahr?
Auch wenn ich kein Hellseher bin … ich bin ganz zuversichtlich, dass wir mit bettermarks das erreichen werden, was wir uns vorgenommen haben: Noch mehr Schülerinnen und Schülern die Angst vor Mathe zu nehmen, indem wir konstruktiv mit Fehlern umgehen und somit Lerneffekte erzeugen. Außerdem haben bis dahin hoffentlich weitere Bundesländer Generallizenzverträge mit uns abgeschlossen, wie es in Hamburg der Fall ist. Und auch mit dem Break-Even könnte es dann endlich klappen.

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Foto (oben): Shutterstock

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