Nach den Angriffen auf Politiker und Wahlkampfhelfer in Sachsen ist die Bestürzung in der Politik groß. Der Bundespräsident nennt die Vorfälle eine Warnung. Nach dem Angriff auf den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten Matthias Ecke und einen Wahlkampfhelfer der Grünen haben sich zahlreiche Politiker zu Wort gemeldet und die Attacken scharf verurteilt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte am Samstagnachmittag: „Ich bin entsetzt. Es ist unerträglich, wenn Vertreter von Verfassungsorganen wie die Vizebundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt, Europawahlkämpfer wie der Dresdner Matthias Ecke und Amtsträger wie der dritte Essener Bürgermeister Rolf Fliß bei ihrer demokratischen Arbeit angegriffen, behindert oder sogar geschlagen und verletzt werden.“ Der Gewaltausbruch sei „eine Warnung“: „Alle, die unsere liberale Demokratie erhalten möchten, müssen nun parteiübergreifend zusammenstehen gegen Angriffe und Übergriffe im politischen Wettbewerb. Ich appelliere an alle, die politische Auseinandersetzung friedlich, mit Argumenten und Respekt zu führen. Lassen wir nicht zu, dass Radikale durch Brutalität das zerstören, was Demokratien im Wahlkampf ausmacht: die friedliche, angstfreie politische Willensbildung.“ Die Demokratie müsse wehrhaft sein. „Die Sicherheitsbehörden und Gerichte werden alles daran setzen, die Gewalttaten und Übergriffe aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Den Opfern der Angriffe wünsche ich von Herzen baldige Genesung und spreche ihnen mein Mitgefühl aus.“ „Dieser hinterlistige Angriff“ „Der Überfall auf Matthias Ecke ist ein unübersehbares Alarmzeichen an alle Menschen in diesem unserem Land. Unsere demokratischen Werte werden attackiert“, erklärten die Vorsitzenden der sächsischen SPD , Henning Homann und Kathrin Michel, in einer Mitteilung. „Die Saat, die AfD und andere Rechtsextreme gesät haben, geht auf. Deren Anhänger sind mittlerweile völlig enthemmt und betrachten uns Demokraten beim Ausüben ihrer Grundrechte offenbar als Freiwild. Jede Verharmlosung verbietet sich“, teilten sie mit. Die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil haben die Attacke ebenfalls scharf verurteilt. „Dieser hinterlistige Angriff macht unsere gesamte Partei betroffen. Er ist ein Angriff auf alle Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer, die mit Leidenschaft für unsere Demokratie und den Rechtsstaat eintreten“, hieß es in einer Erklärung vom Samstag. „Neue Dimension von antidemokratischer Gewalt“ Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat sich zu Wort gemeldet, sie habe bereits Kontakt mit Ecke gehabt. „Wenn sich ein politisch motivierter Anschlag wenige Wochen vor der Europawahl bestätigt, dann ist diese schwere Gewalttat auch ein schwerer Angriff auf die Demokratie. Wir erleben hier eine neue Dimension von antidemokratischer Gewalt.“ Sie kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Angreifer an. Am Samstagabend regte Faeser eine Sondersitzung der Innenminister von Bund und Ländern an. Der Angriff auf Ecke sei bedrückend, sagte Bundeskanzler Scholz am Samstag bei einem Demokratiekongress zur bevorstehenden Europawahl in Berlin . „Die Demokratie wird von so etwas bedroht, und deshalb ist achselzuckendes Hinnehmen niemals eine Option“, sagte Scholz. „Wir müssen gemeinsam dagegen stehen.“ Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigte sich entsetzt: „Die Attacke auf SPD-Spitzenkandidat Matthias Ecke entsetzt mich zutiefst und ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Man werde die faire Wahlwerbung entschieden verteidigen. „Angriffe und Einschüchterungen von politischen Mitbewerbern kennen wir aus den dunkelsten Epochen unserer Geschichte“, erklärte Kretschmer. „Jeder einzelne Fall wird akribisch ermittelt und konsequent verfolgt werden. Hierzu hat das Dezernat Staatsschutz der Kriminalpolizei die Ermittlungen aufgenommen. Jeder dieser Angriffe trifft uns alle, es geht um nicht weniger als unsere freien, gleichen, allgemeinen, unmittelbaren und geheimen Wahlen“, teilte das sächsische Innenministerium am Samstag mit. Der SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil schrieb auf der Plattform X: „Ich bin wütend und entsetzt über diese Gewalttat, die auch ein Angriff auf die Demokratie ist.“ Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig erklärt auf der Plattform: „Es ist für mich einfach nicht fassbar, wie viel Hass und Menschenverachtung die Rechten in unserem Land inzwischen haben.“ Ebenfalls auf X wünscht AfD-Chef Tino Chrupalla Ecke „viel Kraft und rasche Genesung“. Körperliche Angriffe gegen Politiker aller Parteien verurteile die AfD zutiefst. „Wahlkämpfe müssen inhaltlich hart und konstruktiv, aber ohne Gewalt geführt werden.“ Die Attacke auf Matthias Ecke ist aus Sicht von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ein Resultat von Hass und Falschnachrichten. „Der Angriff gilt uns allen“, äußerte er am Samstag auf X. Würden Fake News zur Wahrheit erhoben, seien alle betroffen, schrieb er weiter. Und: „Volle Solidarität mit Matthias Ecke!“ Ähnlich äußerte sich die Grünen-Politikerin Madeleine Henfling auf X: „Hass und Hetze führen zu solchen Übergriffen & gefährden damit Menschenleben.“ Alle im demokratischen Spektrum seien jetzt aufgerufen, solidarisch zu sein.