19 Gegentreffer machen den VfL Bochum zum Krisenklub und zur Schießbude der Liga. Ausgerechnet jetzt geht‘s nach Leipzig – dort sah man noch nie gut aus.Wenn die Erwartungshaltung steigt, verändert sich auch die Fallhöhe. Was das betrifft, ist der VfL Bochum gerade hart aufgeschlagen. Zu Saisonbeginn angetreten, um sportlich das nächste Level zu erreichen, findet sich der Klub momentan auf einem Abstiegsrang wieder. Sechs Spiele, nur drei Punkte, aber satte 19 Gegentore – so lautet Anfang Oktober die ernüchternde Bilanz. Aktuell steht die Schießbude der Liga in Bochum.Im Spätsommer waren die Verantwortlichen noch voller Vorfreude und Selbstbewusstsein. „Gekommen, um zu bleiben“ – unter diesem Motto wollte man die Saison sportlich und wirtschaftlich mutig angehen. „Die größte Klippe haben wir mit dem Erreichen des dritten Bundesligajahres umschifft. Der VfL hat jetzt eine historische Chance“, hatte Ilja Kaenzig als Sprecher der Geschäftsführung im Interview mit t-online eine kontrollierte Offensive angekündigt.Bochum steckte mehr Geld in den Profikader, investierte nach langer Zeit wieder in Ablösesummen und gab Thomas Letsch eine runderneuerte Mannschaft an die Hand. Die Aufgabe des Trainers war ebenso klar wie optimistisch formuliert: die Fußballphilosophie weiterentwickeln, spielerisch das nächste Level erreichen. „Der Werkzeugkasten wird quasi vergrößert. Ich kann nicht immer nur mit einfachsten Mitteln in der Bundesliga agieren. Wenn du im fünften Bundesligajahr immer noch Karo einfach spielst, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn du keine Lösungen findest“, formulierte Ilja Kaenzig den Anspruch des Vereins.Rückschritt statt Weiterentwicklung – was ist bloß beim VfL los?Doch statt Weiterentwicklung erlebt der VfL nur wenige Wochen später sogar einen deutlichen Rückschritt. Beim 0:7-Debakel in München, vor allem aber bei der 1:3-Heimpleite gegen Gladbach – für Letsch schlicht „eine Katastrophe“ – lieferte die Mannschaft ein schlechtes Ergebnis und ein schlechtes Spiel ab. Selbst bei den Verantwortlichen herrscht eine gewisse Ratlosigkeit, was da gerade in Bochum passiert. Immerhin hatte es zuvor gegen den BVB und Frankfurt auch schon ansehnliche Partien gegeben. „Die Diskrepanz in den Leistungen in so kurzer Zeit ist erstaunlich“, gesteht Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian ein.An der Einstellung der Profis und an der Bereitschaft soll es jedenfalls nicht liegen. „Die Intensität im Training war da, darum war die Leistung gegen Gladbach umso überraschender“, meint Fabian. Der Trainer unterstreicht diesen Eindruck: „An der Intensität und Bereitschaft lag es weder in den Trainingswochen noch im Spiel. Wir laufen extrem viel und bringen extrem viel Intensität auf den Platz.“Woran aber liegt es dann? Ist die Umstellung auf eine Dreierkette in der Abwehr und die Abkehr von der zuvor erfolgreich praktizierten 4-3-3-Ordnung doch nicht die richtige Herangehensweise? Ein Thema, das Letsch nervt und bei dem er vehement den Kopf schüttelt: „Das hat mit der Systematik überhaupt nichts zu tun“, stellte er schon nach der 0:5-Auftaktpleite in Stuttgart mit Nachdruck klar.Letsch findet deutliche WorteTaktisch allerdings stellt sich die Frage, ob das generell hohe Pressing und frühe Anlaufen des Gegners der Mannschaft gerade guttun. Gladbach kam so auf fremdem Platz zu 27 Torschüssen. Geht der VfL ein zu hohes Risiko? Für den Coach eine Frage der Umsetzung: „Gegen Gladbach haben wir die entscheidenden Zweikämpfe nicht gewonnen. Dann hat der zweite Spieler gefehlt, der unterstützt. Wir haben das Feld so nicht kompakt gehalten und mussten hinterherlaufen. Haben wir die Bälle gewonnen, haben wir sie zu schnell wieder hergeschenkt und waren nicht sortiert.“Mit Blick auf die Partie bei RB Leipzig an diesem Samstag kündigte Thomas Letsch an, die Spielweise „zu adaptieren“ und personell einige Wechsel vorzunehmen. Das Anforderungsprofil hat der Süddeutsche dabei auf seine Art klar formuliert: „Wir müssen die Spieler finden, die sich nichts scheißen.“ Mut, Überzeugung und ein gewisser Trotz sind gefragt – und ein Blick in die Statistik zeigt auch, warum. Bei bislang fünf Gastspielen in Leipzig kassierte Bochum fünf Pleiten, erzielte dabei genau einen Treffer, bekam aber 16 Gegentore. Im Schnitt genau so viele wie aktuell in der Bundesliga.