Vor nicht einmal zehn Monaten hat Kanzler Scholz in seiner „Zeitenwende“-Rede den Bau von LNG-Terminals in Deutschland angekündigt. Nun konnte er mit Vizekanzler und Finanzminister das erste einweihen. Doch nicht alle sind begeistert.Bundeskanzler Olaf Scholz hat in Wilhelmshaven das erste Flüssigerdgas-Terminal Deutschlands eröffnet. „Unser Land kann Aufbruch und Tempo“, würdigte der SPD-Politiker am Samstag bei der Einweihungszeremonie die Errichtung der LNG-Station in der Rekordzeit von knapp zehn Monaten. An dem Festakt nahmen auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) teil.Scholz nennt LNG-Terminal „wichtigen Beitrag für unsere Sicherheit““Das ist jetzt das neue Deutschland-Tempo, mit dem wir Infrastruktur voranbringen und es soll Vorbild sein, nicht nur für diese Anlage, sondern noch für viele, viele andere“, verkündete Scholz vor rund 400 Gästen vom Ausflugsschiff „Helgoland“ aus, das normalerweise Touristen transportiert. „Insofern ist es ein guter Tag für unser Land, ein gutes Zeichen auch an die ganze Welt, dass die deutsche Volkswirtschaft in der Lage sein wird, weiter wirtschaftlich stark zu sein, zu produzieren und mit dieser Herausforderung umzugehen.“PAID LNG 14.18Das Terminal in Wilhelmshaven sei ein „ganz, ganz wichtiger Beitrag für unsere Sicherheit“, sagte der Kanzler weiter. Die Bundesregierung habe nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine schnell entschieden, eine LNG-Terminal-Infrastruktur aufzubauen, um die Energieversorgung unabhängig von dem Pipeline-Gas aus Russland zu machen. „Als wir das gesagt haben, dass hier zum Beispiel in Wilhelmshaven ein solcher Terminal noch in diesem Jahr entstehen soll, haben viele gesagt: ‚Das ist niemals möglich, das wird niemals gelingen.‘ Und: Das Gegenteil ist wahr“, erklärte Scholz und dankte Arbeitern, Ingenieuren, Unternehmen und Behörden.Das schwimmende Terminal vor der niedersächsischen Nordseeküste soll dazu beitragen, die durch ausbleibende Lieferungen aus Russland entstandene Lücke bei der Gasversorgung Deutschlands zu schließen. Herzstück der Anlage ist das fast 300 Meter lange Spezialschiff „Höegh Esperanza“, das künftig das von Tankschiffen angelieferte verflüssigte Erdgas in den gasförmigen Zustand umwandeln und in das deutsche Gasnetz einspeisen soll. Das soll in der kommenden Woche erstmals geschehen.strom sparen streaming tipps 16.16Vier weitere Terminals sollen bis Ende nächsten Jahres entstehen: jeweils eines in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein), Stade (Niedersachsen) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) – zudem ein weiteres in Wilhelmshaven. Sie können nach Angaben des Wirtschaftsministeriums zusammen ein Drittel der für die Versorgung Deutschlands benötigten Erdgasmenge aufnehmen. Den Startschuss für die Errichtung der Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel hatte Scholz drei Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 27. Februar in seiner inzwischen als historisch angesehenen „Zeitenwende“-Rede im Bundestag gegeben.Umweltschützer kritisieren Terminal in WilhelmshavenBei Umwelt- und Klimaschützern sorgt das Terminal für viel Kritik. „Es reden jetzt alle von einer neuen Deutschlandgeschwindigkeit, was solche fossilen Infrastrukturprojekte angeht. Diese Deutschlandgeschwindigkeit hätten wir sehr gerne für den Ausstieg aus fossilen Energien genutzt“, monierte Imke Zwoch, Mitglied im Landesvorstand des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) in Niedersachsen, am Samstag. „Es ist eigentlich nix zu feiern.“Ihre Kritik entzündet sich vor allem an der Einleitung von mit Bioziden behandelten Abwässern an der „Höegh Esperanza“. Alle anderen Spezialschiffe, die für den Umschlag von LNG in Deutschland zum Einsatz kommen sollen, kämen ohne den Einsatz von Bioziden wie Chlor aus, sagte Zwoch. „Wir können nicht verstehen, warum man dieses halbe Jahr nicht genutzt hat, um das Schiff entsprechend umzurüsten.“ Auch die lange Genehmigung für das Terminalschiff bis zum Jahr 2043 kritisieren die Verbände.“heute wichtig“ Montag 5.12. 6.17Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte sogar rechtliche Schritte gegen das Terminal in Wilhelmshaven an. Für die „schnelle und medienwirksame Eröffnung des ersten deutschen LNG-Terminals“ sei eine bisher „einzigartige Einschränkung von Beteiligungs- und Umweltrechten in Kauf genommen“ worden, kritisierten die Umweltschützer am Samstag.Die DUH stört sich unter anderem an der unbefristeten Betriebsgenehmigung der Anlage durch die niedersächsischen Behörden, „obwohl zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits der deutsche Ausstieg aus Erdgas bereits geplant werden muss“. Außerdem drohten „massive Überkapazitäten“ und damit ein Überschreiten der zulässigen CO2-Emissionen des Energiesektors, obwohl der Gasverbrauch im kommenden Jahr massiv sinken müsse. Nicht zuletzt sei die Einleitung großer Mengen Biozid erlaubt worden, das gehöre aber verboten.