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Wenn bei Anne Will nur ein Gast ist, deutet alles auf einen Krisenmodus hin. Dann sitzt dort der Bundeskanzler, oder früher die Bundeskanzlerin, zur besten Sendezeit und hat die Möglichkeit, die eigene Politik einmal in 60 Minuten in Ruhe zu erklären, ohne dass es einen Schlagabtausch mit anderen Politikern gibt.

Wie am Sonntagabend als Olaf Scholz in grauem Anzug und dunkler Krawatte von 22.00 bis 22:57 Uhr einem Millionenpublikum der ARD-Talkshow hochkonzentriert verdeutlicht, wie gefährlich der russische Überfall auf die Ukraine auch für Nato-Staaten ist. Da mag der Sozialdemokrat auch noch so beherrscht sein – ihm ist die große Sorge anzumerken, dass der russische Präsident auf Eskalationskurs auch mit dem Westen gehen könnte.

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Der 63-Jährige übersetzt, was die Androhung des westlichen Militärbündnis von „schwerwiegenden Konsequenzen“ für Wladimir Putin im Falle eines Bio- oder Chemiewaffeneinsatzes sowie die geplante Anschaffung eines hochmodernen Raketenschutzschildes für Deutschland auf Deutsch heißt: „Wage es nicht.“ Und: „Lass es bleiben.“ Und: „Versuche es nicht, wir sind stark genug.“

Scholz bei Anne Will: „Darüber spricht man nicht“

Dann werde die Nato natürlich „mit drastischen Maßnahmen reagieren“. Scholz sagt allerdings nicht, was Deutschland und die Nato-Partner dann machen würden, wenn Putin Giftgas in der Ukraine einsetzen würde. „Darüber spricht man nicht“, betont er. Auch nicht darüber, wie viele Waffen Deutschland nun schon an die Ukraine geliefert habe. Das gebe die deutsche Regierung erst im Nachhinein bekannt. Insofern lässt Scholz die harsche Kritik von Seiten der Ukraine stehen, dass den deutschen Ankündigungen bisher wenig Taten folgten.

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Aber er macht klar: „Wir werden jeden Zentimeter Nato-Territorium verteidigen.“ Das hört sich schon martialisch an. Man kann es kaum glauben, wie sich die Sprache, die Botschaften und die Drohungen in den vergangenen Wochen verschärft haben. Scholz macht deutlich, dass der Westen Putin so ziemlich alles zutraut und im Fall des Falles zurückschlagen würde.

Dass Scholz bisher zögert, von Russland ab sofort kein Öl und kein Gas mehr zu beziehen, begründen Berater von ihm mit seinem Amtseid, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Auch bei „Anne Will“ macht der Kanzler deutlich, dass Deutschland sonst in eine jahrelange Rezession rutschen könnte. Es gehe nicht darum, die Heizung um ein paar Grad herunterzuschrauben. Privathaushalte und Kliniken und andere lebensnotwendigen Einrichtungen würden noch versorgt werden, aber die Wirtschaft würde den Bach heruntergehen und „unglaublich viele Arbeitsplätze“ verlieren.

Scholz erzählt, dass er bei seinem Besuch in Moskau am 15. Februar Putin gefragt habe, ob es sein könne, dass russische Kampfflieger schon in die Ukraine flögen, wenn die Kanzlermaschine auf dem Rückflug nach Berlin sei. Putin hatte in Moskau nur behauptet, er wolle keinen Krieg. Aber nicht, dass er keinen führen werde.

Scholz wird deutlich: „Was mich geängstigt hat“, sagt der Bundeskanzler, sei Putins Geopolitik, indem er sich die Wiederherstellung früherer Grenzen vorstelle. „Das ist eine Bedrohung für den Frieden“, sagt er. Der Krieg in der Ukraine sei auch ein Verbrechen.

Bidens irritierende Aussagen

Ob US-Präsident Joe Biden in seiner Rede in Polen einen Fehler gemacht habe, als er erklärte, oh mein Gott, Putin dürfe nicht an der Macht bleiben? Russland hat immer gesagt, den USA gehe es um seinen Sturz und einen „Regime-Change“. Nein, kein Fehler, sagt Scholz. Es gehe nicht darum, das System Putin von außen zu stürzen. Das sei weder das Ziel der Nato noch von Biden. Es hört sich stark nach Schützenhilfe an. Denn Bidens irritierende Äußerungen könnte Putin einen Vorwand liefern, doch die Eskalation mit der Nato zu suchen.

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Der fulminante Sieg seiner SPD bei der Landtagswahl im Saarland mit Anke Rehlinger am Sonntag kommt erst drei Minuten vor Schluss der Sendung zur Sprache. Anne Will fragt fragt ihn nach der Bedeutung der künftigen SPD-Alleinregierung an der Saar erst um 22.57 Uhr. Selbstbewusst wie er ist, schafft Scholz es nicht nur, einen Anteil der Bundes-SPD daran zu formulieren, sondern auch an seiner Zeit in Hamburg zu erinnern, als er dort vor vielen Jahren selbst die absolute Mehrheit geholt hatte. Da habe er erst einmal in einen Raum gehen müssen, in dem er für einen Moment alleine war. Vermutlich überwältigt vom eigenen Erfolg.

Von Kristina Dunz/RND

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